Sowohl Gersten-, als auch Weizenerträge und sogar das Sorgenkind der vergangenen Jahre – der Raps – konnten gute Erträge im Schnitt erzielen. Vor allem der Raps sorgte nach vier schwierigen Jahren für eine Überraschung. Regional unterschiedlich gab es auch schwächere Partien, aber diese waren die Ausnahme. Das Erntewetter wurde von Anfang Juli bis August immer trockener, sodass Raps und Getreide trocken gedroschen werden konnten. Die Preise liegen überwiegend leicht über dem Vorjahresniveau. Heute (24. August) wurden von der Landwirtschaftskammer, dem Bauernverband und dem Landwirtschaftsministerium die ersten Ergebnisse der diesjährigen Ernte auf dem Ackerbaubetrieb von Georgina und Richard Bonse in Neudorf-Bornstein, Kreis Rendsburg-Eckernförde, vorgestellt.
Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht gab der Ernte 2020 die Schulnote „2“. „Nach zwei schwierigen Jahren gibt es endlich wieder eine gute Ernte. Trotz nicht ganz einfacher Bestellbedingungen im Herbst 2019 wurden eine durchschnittliche Getreide- und eine gute Rapsernte erzielt. Die Preise für Getreide liegen leicht über dem Vorjahresniveau, die Rapspreise ziemlich genau auf dem Niveau des Vorjahreszeitpunktes. Das alles sind gute Nachrichten für die Branche. Dennoch bleiben die verschiedenen Wetterextreme eine große Herausforderung für die hiesige Landwirtschaft. Landwirtinnen und Landwirte werden sich weiterhin mit dem Thema Klimawandel und mit dem Auftreten von Wetterextremereignissen auseinandersetzen müssen. Diesmal hat Schleswig-Holstein Glück gehabt, die Niederschläge sind immer noch gerade rechtzeitig gefallen.“
Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, betonte: „Die Ernte 2020 ist gut ausgefallen. – Nach vier schwierigen Rapsjahren, darunter dem Dürrejahr 2018, und einem nur durchschnittlichen Jahr 2019, gibt diese gute Ernte Kraft, optimistischer in die Zukunft zu schauen. Einige Löcher können gestopft werden, dennoch haben die zurückliegenden schwierigen Jahre vor allem in den reinen Ackerbaubetrieben Spuren hinterlassen. Viele Betriebe haben das Risikomanagement noch stärker in den Fokus gerückt. Fruchtfolgen mit weniger Raps, dafür mehr Sommergetreide und Ackerbohnen tragen Früchte. Investitionen in die Zukunft sind vor allem im technischen Fortschritt, Prozessoptimierung und Humankapital zu suchen. Denn die Auflagen, ob im Bereich der Düngung, Pflanzenschutz und oder beim Tierwohl steigen. Die Anforderungen an Dokumentation und Büromanagement wachsen. Das Geld wird am Schreibtisch und auf dem Acker verdient. Wir als Landwirtschaftskammer stehen hier an der Seite der Betriebe und begleiten diese Entwicklungen, ob im Bereich Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt, in der Tierhaltung oder im Bereich Unternehmensberatung sowie Aus- und Weiterbildung. Mit unserem Versuchswesen gehen wir mit der Zeit. Erstmals sind die Druschproben unserer geernteten Parzellen der Landessortenversuche direkt zentral aufbereitet worden. Sie liegen der Praxis damit noch schneller vor, direkt für die anstehende Sortenwahlentscheidung zur nächsten Aussaat jetzt im August beim Raps und im September fürs Getreide. Unser Ziel, Versuchsergebnisse in kurzer Zeit nach dem Drusch mit allen relevanten Parametern ausgewertet vorliegen zu haben, hat sich erfüllt. Damit haben sich unsere Investitionen in dem Bereich für die Betriebe voll gelohnt.“
Ökonomische Situation der Ackerbaubetriebe
Finanziell sind die Defizite des vergangenen Jahres noch nicht ausgeglichen. Dennoch helfen die guten Erträge und die höheren Erzeugerpreise beim Weizen. Trocknungskosten fielen allenfalls bei Gerste an.
Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes, sagte: „In diesem Jahr haben wir eine Achterbahnfahrt mit dem Wetter hinter uns. Auffällig sind dieses Jahr deshalb die starken Ertragsschwankungen quer durchs Land. Wir haben durchaus überdurchschnittliche Erträge bei Weizen, Gerste und Raps, aber auf der Geest ist das Getreide mancherorts vertrocknet. Während Gerste und Raps mit guten Qualitäten aufwarten, wird im Weizen vielerorts die Backqualität nicht erreicht. Ist das schon die Auswirkung der Düngeverordnung oder dem Verdünnungseffekt hoher Erträge geschuldet? Sicherlich muss man beide Gründe hier anführen. Benennen muss man auch die Ertragseinbußen von bis zu 80 % durch den Gänsefraß, vor allem an der Westküste. Hier wird gemeinschaftliche Naturschutzpolitik auf Kosten Einzelner betrieben!“
Erntestatistik der Kulturen
Nach Angaben des Statistikamtes Nord stand Getreide insgesamt in diesem Jahr auf einer Fläche von 279.600 ha, das sind rund 6 % weniger als im vergangenen Jahr. Es wird eine Erntemenge von rund 2,3 Mio. t Getreide (ohne Körnermais) erwartet, 8 % weniger als im Vorjahr, darunter 1,5 Mio. t Brotgetreide und 0,8 Mio. t Futtergetreide.
Weniger Winterweizen
Die Winterweizenerträge liegen mit rund 90,8 dt/ha um 2 % über dem Vorjahresniveau. Die Erträge sind aber rund 1,6 % niedriger als der langjährige Durchschnitt. Die Anbaufläche ist mit 137.200 ha wegen der schlechten Saatbedingungen im Herbst 2019 um fast 20 % kleiner als im Vorjahr. Dennoch ist Winterweizen nach wie vor die wichtigste Marktfrucht im Ackerbau hierzulande. Die Erntemenge fällt mit rund 1,2 Mio. t rund 18 % niedriger aus als 2019.
Die trocken geernteten Qualitäten waren meist überzeugend. Überwiegend sind die Proteinwerte ausreichend für eine Vermarktung als Brotweizen. Die Naturalgewichte liegen ebenfalls auf erforderlichem Niveau. Die Ernte konnte zügig eingefahren werden. Aktuell liegen die Preise für B-Weizen im Schnitt bei 160 bis 170 €/t, wobei gilt, dass rund ein Drittel des geernteten Getreides schon im Vorwege aus der Ernte heraus zu höheren Preisen verkauft wurde. Ein weiteres Drittel wird im Verlaufe des Herbstes zu den dann geltenden Preisen vermarktet und ca. ein weiteres Drittel wird über den Jahreswechsel bis teilweise Ende des Wirtschaftsjahres auf den Betrieben eingelagert und je nach Preisentwicklung verkauft. Futterweizen wird derzeit zu Preisen von 145 bis 165 €/t gehandelt.
Überraschend mehr Raps
Die Rapsernte kommt endlich wieder im Schnitt auf Erträge von 41 dt/ha, das ist deutlich mehr als im Vorjahr (38 dt/ha: 2019). Aufgrund der schlechten vergangenen vier Rapsjahre wird auch der langjährige Ertragsdurchschnitt um rund 9 % überschritten. Viele Erzeuger haben auf die schlechten Rapsergebnisse der Vorjahre reagiert und den Anbau auf mittlerweile rund 67.400 ha reduziert. Die Erntemengenschätzung liegt bei gut 0,28 Mio. t, das sind rund 11 % mehr als im Vorjahr, aber rund 15 % weniger als im langjährigen Durchschnitt. Der Rapspreis liegt derzeit bei 35,6 bis 36,7 €/dt und damit im Schnitt auf dem Vorjahresniveau (Vorjahr 36,4 €/dt). Deutschlandweit liegt die Rapserzeugung höher als im Vorjahr. Verglichen mit dem 5-Jahresschnitt wird sie allerdings etwa 25 % geringer ausfallen. EU-weit werden in diesem Jahr rund 15,4 Mio. t erwartet, was ziemlich genau der Vorjahresmenge entspricht. Gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt sinkt die Rapsproduktion allerdings um 17 %. Eine knappe Rapsversorgung könnte zwischenzeitlich zu einem Preisanstieg führen. Aufgrund einer guten Versorgungslage im Segment der Ölsaaten, sind steigenden Preisen Grenzen gesetzt.
Wintergerste konnte in diesem Jahr mit Weizen im Schnitt gut mithalten. Ihn aber nicht überflügeln. Die Erträge liegen im Schnitt bei passablen rund 88,9 dt/ha, das sind 1,6 % weniger als im Vorjahr, aber immer noch 3,2 % mehr als der langjährige Durchschnitt. Die Erntemenge liegt, verbunden mit der Anbaufläche, die sich auf 65.700 ha um fast 10 % verringert hat bei rund 0,58 Mio. t, das sind rund 11 % weniger als im Vorjahr. Stattdessen ist diesmal mehr Sommergetreide wie Hafer angebaut worden. Die Erträge und Hektolitergewichte waren im Schnitt gut, vereinzelt fehlte den frühen Sorten auf den leichten Standorten das Wasser. Gerste kostet derzeit rund 138 bis 146 €/t (Vorjahr 137 €/t).
Roggen und Triticale verzeichnen mit 67,6 dt/ha bzw. 76,3 dt/ha Ertragsrückgänge von 1,5 % bzw. -zuwächse von 1,3 % gegenüber dem Vorjahr. Roggen stand dieses Jahr auf rund 28.300 ha und Triticale auf 6.100 ha. Die Erntemenge bei Roggen wird auf 191.300 t geschätzt, bei Triticale auf 46.800 t. Die Brotroggenpreise liegen derzeit bei 132 bis 142 €/t (135 €/t Vorjahr) und Futterroggen kostet 125 bis 142 €/t. Im Vorjahr lag der Preis bei 130 €/t.
Doppelt so viel Hafer wie sonst
Die Haferanbaufläche betrug mit 16.200 ha mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Wegen der Nässe im Herbst säten Landwirte statt Wintergetreide zum Beispiel Hafer. Der Ertrag dieses Sommergetreides wird auf 62 dt/ha geschätzt (+9,7 % gegenüber 2019). Die Hafererntemenge liegt schätzungsweise bei 100.800 t, das sind 125 % mehr als 2019. Die Nachfrage nach Schälhafer und Hafermilch beflügelt den Markt. Qualitätshafer kostet derzeit 154 bis 169 €/t (Vorjahr 158 €/t).
Sommergerste wurde auf einer Fläche von 15.700 ha angebaut, auch dies ist mehr als dreimal so viel wie im Vorjahr und auf den nassen Herbst zurückzuführen. Es wird ein Ertrag von 58,9 dt/ha geschätzt. Sommerweizen hatte eine Anbaufläche von 9.800 ha, deutlich mehr als im Vorjahr, da die Bestellbedingungen für leistungsstärkeren Winterweizen schlecht waren im Herbst. Es wird ein Ertrag von 71,3 dt/ha erwartet.
Stroh zu Futterzwecken und als Einstreu ist reichlich und in guter Qualität in diesem Jahr geerntet worden. Derzeit werden rund 130 €/t frei Hof bezahlt, das ist deutlich weniger als zum Beispiel 2018, wo Stroh und Futter extrem knapp waren aufgrund der langen Trockenheit. Gleiches gilt auch für Heu (getrocknetes Gras) zu Futterzwecken. Die ersten drei Grasschnitte für die Gras-Silageerzeugung oder für Heu waren ertraglich und qualitativ vielversprechend. Heu wird zu Preisen von 125 €/t verkauft. Zwei weitere Schnitte sind in diesem Jahr voraussichtlich problemlos möglich, wenn es jetzt nach der Getreideernte bald wieder regelmäßig regnet.
Es wird nach jetzigem Stand eine gute Maisernte erwartet. Die Fläche beläuft sich auf rund 188.600 ha, das ist etwas mehr als im Vorjahr (+6,1 %).
Die Frühkartoffelernte ist bereits beendet. Wegen Corona wurden weniger Pommes frites verkauft, was die Preise am Speisekartoffelmarkt etwas drückt. Aufgrund der warmen Temperaturen (rund 40 % der Kartoffelfläche werden beregnet) sind die Kartoffeln gut gewachsen, und es ist bereits mit der Ernte begonnen worden. Es wird von guten Erträgen berichtet. Angebotsbedingt könnten die Speisekartoffelpreise nach zwei eher knapperen Jahren diesmal etwas niedriger ausfallen. Auf Verbraucherebene ist davon noch nichts zu spüren. Der 2,5-Kilosack neuer Ernte kostet zwischen 3 und 3,90 €. Kartoffeln werden in SchleswigHolstein überwiegend direkt vermarktet ab Hof über Wochenmärkte, aber auch über den Lebensmitteleinzelhandel. Die Pflanzkartoffelernte vor allem an der Westküste hat aber noch nicht begonnen.
Die Kartoffelanbaufläche in Schleswig-Holstein liegt 2020 bei rund 6.100 ha. Davon sind rund 3.300 ha Speisekartoffeln und 2.700 Pflanzkartoffeln. Die Erzeugerpreise für Speisekartoffeln liegen derzeit bei rund –15 bis 22 €/dt, das ist etwa halb so viel wie zum Vorjahreszeitpunkt, als die geringe Ernte aus dem Dürresommer 2018 alle war und erst begrenzt Kartoffeln der neuen Ernte zur Verfügung standen.
Die Bedingungen für den Kohlanbau sind vielversprechend. Ernteprognosen liegen noch nicht vor, vorausgesetzt es regnet regelmäßig in Abständen immer wieder. Der landwirtschaftliche Betrieb von Familie Bonse ist ein zukunftsfähiger Ackerbaubetrieb. Er setzt auf Kooperationen mit einem Nachbarbetrieb.
Wie war das Anbaujahr?
Im Herbst 2019 waren die Bestellbedingungen für Winterweizen zu späten Saatterminen nicht immer gegeben. Die Nässe hielt bis Ende März an. Der Winter blieb aus. Nicht bestellte Flächen wurden mit hohen Anteilen Hafer, Sommergerste, Sommerweizen und Ackerbohnen bestellt. Dafür war ebenfalls nur ein sehr knappes Zeitfenster gegeben. In den Monaten Mai und Juni fiel in Schleswig-Holstein im Landesdurchschnitt jeweils nicht genug Niederschlag, jedoch immer noch rechtzeitig zur Überbrückung der Versorgungslücken. Verhältnismäßig kühle Temperaturen „retteten“ die Ernte, trotz kräftigen Windes, der zudem für Verdunstung sorgte. Seit Mitte Juli herrschen beste Erntebedingungen, Trocknungskosten fielen nahezu nicht an und es sind gute Erträge erzielt worden.
Verantwortlich für den Pressetext:
Daniela Rixen, Pressesprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein,
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Patrick Tiede, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung,
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