Veränderungen entstehen dabei nicht allein nur aus der Erfindung eines Gegenstands, den man anschließend in die Ecke stellt. Vielmehr gibt es einen willentlichen und gezielten Veränderungsprozess, der nicht mehr wirksame oder nicht mehr gewünschte Prozesse ablöst. Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer (LKSH), Ute Volquardsen, hat heute zwei Betriebe ausgezeichnet, die den Wandel erfolgreich mit bestritten haben. Sie besuchte den Milchviehbetrieb Gravert GbR in 24214 Lindau und den Zuchtbetrieb seltener Schafe Marienfeld in 23813 Blunk. Beiden wurde in feierlichem Rahmen der Ehrenpreis der LKSH für beispielhafte Tierhaltung übergeben.
Volquardsen sagte bei der Gelegenheit. „Aus Jahrhunderten stetiger Anpassung und Wandel kann eines mit Fug und Recht festgehalten werden: Landwirtinnen und Landwirte sind Profis darin, Ideen zu entwickeln und neue Wege zu gehen! Wissenschaft, Forschung und Beratung tragen natürlich zum Entwicklungsprozess landwirtschaftlicher Neuerungen aktiv bei. Aber der Ursprung vieler Ideen entfaltet sich oft auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Meistens in Form eines Prototyps. Wir Landwirtinnen und Landwirte schrauben, tüfteln und grübeln solange, bis wir eine Lösung für fast jedes auftretende Problem gefunden haben.“
Aber Kreativität alleine schaffe keine Veränderung. Der Mut, Neues zu wagen, die Hingabe und Ausdauer seien es, die aus einer Idee eine in der Praxis anwendbare und in der Gesellschaft akzeptierte Neuerung schafft. Wahrscheinlich sei es dieser eine Grundsatz, der neue Ideen hervorbringe und der auf Betrieben von einer Generation zur anderen weitergegeben werde: „Geht nicht, gibt es nicht!“.
Die heute ausgezeichneten Betriebe sind sehr unterschiedlich aber es verbindet sie die Hingabe für ihre Tiere. Beide zeigen, dass bereits kleine Maßnahmen große Wirkung erzielen können, sagte Volquardsen bei der Verleihung des schweren Bronzetellers und der Urkunde. Der Preis wird von der LKSH seit Jahrzehnten einmal im Jahr vergeben und extra für den heutigen Tag ist sein Design generalüberholt worden.
Gravert GbR: Geht’s dem Menschen gut, „freut sich“ die Kuh
Seit 1929 bewirtschaftet die Familie den Betrieb und hat ihn über die letzten Jahrzehnte in mehreren Wachstumsschritten stetig weiterentwickelt. Aktuell sind das 280 Rinder plus Nachzucht, rund 650 ha und seit 2009 eine Biogasanlage.
Die Brüder Timo Christian und Arno Gravert mit ihren Familien und ihren Eltern, drei Festangestellten und drei Auszubildenden bewirtschaften den Betrieb.
Nach den zahlreichen Erweiterungsbauten in den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde bewusst entschieden, aktuell keine wesentliche Bestandserweiterung vorzunehmen. Vielmehr ist es das erklärte Ziel, die Haltungsbedingungen der Tiere weiter zu verbessern und die erarbeiteten Freiräume für Mitarbeiter und Betriebsleiterfamilien zu erhalten. Volquardsen dazu: „Ich finde es bemerkenswert, wenn man in der heutigen Zeit eines stetigen Wachstums einfach mal sagt, dass man zufrieden mit dem Erreichten ist und seine Energie eher in die Feinjustierung des Betriebes steckt. Im Hinblick auf die Tiergesundheit haben Sie in den vergangenen Jahren in neue Fußbodenbeläge investiert oder die automatisierte Klauenpflege eingebaut, um Mortellaro (bakterielle Erkrankung der Rinderklaue) vorzubeugen. Aber auch Investitionen in Lüftungstechnik oder den Futterschieber sind Sie trotz manchmal schwieriger Wirtschaftslage mutig angegangen. Im Management haben Sie den Fokus auf die kontinuierliche Nutzung der gesammelten Daten gelegt, um frühzeitig auf Gesundheitsprobleme reagieren zu können. Da eine gesunde Herde auf gesunden Kälbern aufbaut, ist Ihr aktueller Schwerpunkt die Verbesserung der Kälberhaltung. Diese wollen Sie ab sofort mit der neuen Herdenmanagerin zusammen angehen.“
Die zeitlichen Freiräume wurden 2015 durch den Kauf von vier Melkrobotern geschaffen und zusätzlich durch die Festanstellung der neuen Herdenmanagerin in diesem Jahr. Diese Freiräume werden genutzt für Fortbildung, Ehrenämter oder auch für die Freizeitgestaltung. Dabei spielt auch die Betriebsform „GbR“ eine entscheidende Rolle. Durch die doppelte Führungsverantwortung und das hundertprozentige Vertrauen untereinander, sind diese Freiräume erst möglich.
Der Betrieb zeichnet sich durch ein konsequentes Tier- und Arbeitsmanagement aus, was sich auch in der Leistung widerspiegelt. Aktuell liegt die Leistung bei 11.850 kg bei 3,86 % Fett und 3,48 % Eiweiß. Zudem haben sie sieben 100.000 Liter Kühe, also Tiere, die alt werden, sich also lange bester Gesundheit erfreuen.
Marienfeld: Erfolgreich mit Schafen der Roten Liste
Hardy Marienfeld bewirtschaftet mit Lebensgefährtin Inken Mohr seit rund 20 Jahren den kleinen Arche-Hof Bredland im Nebenerwerb. Neben der Vermietung bildet insbesondere das Pommersche Landschaf den betrieblichen Schwerpunkt. Bereits seit 1988 ist der Herdbuchzüchter anerkannter Züchter für die auf der Roten Liste stehende Beobachtungspopulation.
Er ist in Schleswig-Holstein ein Pionier der Landschafrasse und konnten bereits vor der Wende einige Tiere von Rügen erwerben. Seitdem setzt er sich beharrlich und mit großer Leidenschaft für das Pommersche Landschaf ein. Trotz der wirtschaftlichen Unterlegenheit im Vergleich zu Fleischschafrassen konnten über die Direktvermarktung des Fleisches (z. B. über die Plattform www.gutes-vom-hof.sh.de) sowie gute Vermarktungswege der Wolle über Nordwolle GmbH eine wirtschaftliche Grundlage zum Halten der Tiere erarbeitet werden. Die zehn Hektar Weideflächen werden zum Teil von einem Wolfsrudel durch wandert. Bis jetzt gab es noch keine Risse, was vermutlich verschiedene Gründe hat. Neben einer doppelten Zaunanlage und der räumlichen Nähe der Weideflächen zur Ortschaft spielt vermutlich auch die Aufstallung ab Dezember eine wesentliche Rolle.
Die Präsidentin sagte bei der Übergabe der Auszeichnung an Hardy Marienfeld: „Beeindruckend ist, dass Sie neben der Bewirtschaftung des Betriebes im Nebenerwerb und Ihrer hauptberuflichen Tätigkeit auch noch die Zeit für ehrenamtliche Aufgaben finden. So sind Sie Mitglied im Vorstand des Landesverbandes der Schafzüchter und nutzen ihre Fachexpertise, die Sie sich in jungen Jahren in ihrer Heimat Nordfriesland erworben haben, für Öffentlichkeitsarbeit. Zudem freuen Sie sich, Ihr Wissen an Interessierte weiterzugeben und bieten verschiedene Lehrgangsangebote (unter anderem Schur- und Tierbeurteilungslehrgänge) an. Ihre Meinung ist gefragt und Sie sind ein anerkannter Fachmann in Schleswig-Holstein.
Bedeutung der Tierhaltung in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein ist landwirtschaftlich durch die Tierhaltung geprägt. Rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist Grünland. Die Rinderhaltung umfasst 934.149 Tiere mit 341.631 Milchkühen. Die übrigen sind Fleischrinder, Mutterkühe und Nachzuchten. Auf rund 920 Betrieben werden 197.600 Schafe mit anteilig 66 % Mutterschafen gehalten. In der Milchkuhhaltung ist die vornehmliche Haltungsform der Liegeboxenlaufstall mit und ohne Laufhof, zudem haben rund die Hälfte aller schleswig-holsteinischen Milchkühe Zugang zur Weide. Schleswig-holsteinische Milchviehbetriebe lieferten 2023 rund 3 Mio. t Milch an die Molkereien.
In der Schafhaltung wird der größte Anteil der Tiere auf Weiden gehalten, zwar werden über Winter beziehungsweise über die Lammzeit auch vermehrt Tiere aufgestallt, den überwiegenden Teil des Jahres verbringen die Mutterschafe und Lämmer dann jedoch draußen. Zu ihren Aufgaben zählen neben der Fleisch-, Milch- und Wollproduktion die Landschafts- und Deichpflege.
Verantwortlich für diesen Pressetext: Isa-Maria Kuhn, Pressesprecherin Landwirtschafts-kammer Schleswig-Holstein, Tel.: 0 43 31-94 53 111, ikuhn@lksh.de