In diesem Jahr standen die Wetterextreme mit einem trockenen Mai und Juni sowie einem überdurchschnittlich nassen und unbeständigen Juli und August im Fokus. Die Trockenheit führte zu Ertragseinbußen. Aufgrund der folgenden Nässe konnte sowohl die Getreide- als auch die Rapsernte in großen Teilen erst sehr spät eingefahren werden, in einigen Regionen ist sie immer noch nicht beendet. Die hohe Feuchtigkeit sorgt zudem für deutlich höhere Trocknungskosten. Die Wetterlage spiegelt sich auch vielerorts negativ bei den Qualitätsparametern wie Proteingehalt, Fallzahlen, geringen Hektolitergewichten und Auswuchs wider. Schlechte Qualitäten bedeuten geringe Erlöse beim Verkauf. Die geringeren Erträge und Qualitäten werden begleitet von gesunkenen Marktpreisen bei Getreide und Ölsaaten, die Preise für Energie und Betriebsmittel sind jedoch weiter hoch.
Insgesamt zeichnet sich für die Landwirtinnen und Landwirte, was die Erträge bei Getreide und Raps betrifft, ein schlechtes Anbaujahr ab. Winterweizen erreicht mit geschätzt 82,6 dt/ha deutlich weniger Ertrag als im letzten Jahr - und auch gegenüber dem langjährigen Durchschnitt. Auch die Wintergerste konnte mit 80,5 dt/ha nicht an den Rekordertrag des letzten Jahres heranreichen. Zwar konnte die Wintergerste bei trockenem Wetter eingefahren werden, aber die lange Trockenheit blieb auch hier nicht ohne Folgen für den Kornertrag. Winterraps erreichte mit 39 dt/ha zwar gegenüber dem niedrigen 6-jährigen Mittel (37,5 dt/ha) ein überdurchschnittliches Ergebnis, dieses reichte aber nicht an die 44 dt/ha vom Vorjahr heran
Die Aussichten für die Futterernte hingegen sind optimistischer. Zwar ist der zweite Grasschnitt durch die Trockenheit ausgefallen, aber der Regen im Juli und August förderte wieder das Graswachstum und auch der Silomais profitierte in den meisten Fällen von den ausgiebigen Niederschlägen.
.Werner Schwarz, Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV): „Die Landwirtschaft spürt die Auswirkungen des Klimawandels bereits deutlich. Die Zunahme von extremen Wetterlagen sorgt dafür, dass Höchsterträge nur noch selten zu erreichen und die Erträge zunehmend schwankend sind. Als Landesregierung wollen wir unsere Landwirtschaft dabei unterstützen, sich fit für die Anpassungen an die Folgen des Klimawandels zu machen. Wir haben daher ein Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft eingerichtet. Ziel ist es, gemeinsam mit den Betroffenen Lösungen zu entwickeln und den Wissenstransfer in die Fläche zu beschleunigen. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass unsere landwirtschaftliche Produktion auch in Zeiten des Klimawandels nachhaltig gelingt und sichergestellt ist.“
Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein: „Die Getreide- und Rapsernte 2023 ist mittel bis unterdurchschnittlich ausgefallen, das Wetter hat uns Landwirtinnen und Landwirten dieses Jahr extrem herausgefordert. Genaue Analysen stehen wetterbedingt noch aus, aber was die Qualitäten betrifft, dürften deutlich mehr als die Hälfte des geernteten Weizens Futtergetreide sein. Die Preise bewegen sich deutlich unter Vorjahresniveau, das durch die Entwicklungen in der Ukraine geprägt war. Futterweizen liegt aktuell bei 184 Euro/t im Vergleich zu Brotweizen mit 218 Euro/t. Es sind zudem viele Partien zu feucht gedroschen worden. Bei allen Kulturen – Raps, Weizen, Gerste und den Sommerkulturen – macht sich das schwierige Anbaujahr bemerkbar. Der Weltmarkt verspricht gegenüber dem Welt-Verbrauch aber eine ausreichende Weltweizenernte. Markteinfluss könnte dabei, die tatsächliche Verfügbarkeit der Ernte der Ukraine haben.“
Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein: „Es ist klar, dass wir uns dem Klimawandel stellen müssen. Es gilt, die Versorgung und den Schutz unserer Pflanzen zu sichern. Dies ist eine große Herausforderung für unsere Betriebe. Ich erwarte, dass die Politik hier die Landwirtschaft unterstützt. Wir brauchen eine pragmatische Klimaschutzberatung für unsere landwirtschaftlichen Betriebe, wir brauchen ein Wassermanagement, das Wasser in der Fläche hält und uns zur Verfügung steht, wenn eine Dürre droht. Und wir müssen gemeinsam überlegen wie zukünftig ein an die zunehmenden Wetterextreme angepasster Ackerbau aussehen kann. Hier sind die Branche und die Wissenschaft gemeinsam aufgefordert intelligente Lösungen zu finden. Acker- und Futterbau sind essentiell für die Versorgungssicherheit und den Erhalt unserer Kulturlandschaft. Daher sollte eine klimaresiliente Landwirtschaft in unser aller Interesse sein!“
Erntestatistik der Kulturen:
Nach Angaben des Statistikamtes Nord stand in diesem Jahr das Getreide insgesamt auf einer etwas kleineren Fläche (ohne Körnermais und Corn-Cob-Mix) als im Vorjahr (294.300 Hektar), das sind rund 45 Prozent der Ackerfläche. Es wird voraussichtlich eine Erntemenge von rund 2,2 Millionen Tonnen Getreide (ohne Körnermais), darunter knapp 1,2 Millionen Tonnen Winterweizen erwartet. Die diesjährige Getreidemenge läge damit voraussichtlich 17 Prozent unter der des Vorjahres.
Die geringeren Erträge sind neben der verringerten Anbaufläche (minus drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr) zum einen auf die Trockenheit im Mai und Juni, zum anderen auf das außerplanmäßige und vermehrte Abernten von Getreidebeständen zur Ganzpflanzensilage und vor allem auf die unbeständige und niederschlagsreiche Witterung während der Ernte zurückzuführen. Letzteres führte immer wieder zu Unterbrechungen und Verzögerungen bei der diesjährigen Ernte, wodurch die Körner der Winterkulturen regional bereits aus den Ähren bzw. Schoten fielen oder auswuchsen. Dadurch haben die Qualitäten zum Teil deutlich gelitten.
Die Winterweizenerträge werden mit 83 dt/ha rund 14 Prozent unter dem Vorjahresniveau und sogar 7 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt (88,6 dt/ha) geschätzt. Die Anbaufläche ist mit 149.900 Hektar ähnlich der des Vorjahres (minus 1 Prozent). Winterweizen ist nach wie vor in Schleswig-Holstein die wichtigste Marktfrucht im Ackerbau. Die Erntemenge fiel mit rund 1,2 Millionen Tonnen deutlich schlechter (minus 14 Prozent) als im Vorjahr aus, 9 Prozent weniger als der langjährige Durchschnitt. Zur Absicherung der Ernte war oftmals eine Trocknung erforderlich. Um dies sicherzustellen, mussten in diesem Jahr oft hohe Energiekosten in Kauf genommen werden. Aufgrund der verspäteten Ernte liegt erst ein geringer Teil der Ergebnisse der Qualitätsermittlung vor, sodass nur sehr vorsichtige Einschätzungen möglich sind. Es ist zu vermuten, dass der Rohproteingehalt im Schnitt unter 11,7 Prozent liegt, und damit die für normalen Backweizen geforderten 12 Prozent nicht erreicht. Dies kann allerdings von Partie zu Partie unterschiedlich sein. Der Regen der vergangenen Wochen hat erhebliche Schäden in den zuletzt geernteten Weizenbeständen hinterlassen. Die Fallzahlen sinken rapide, und vor allem lagernde, aber auch stehende Bestände zeigten deutlichen Auswuchs. Aktuell liegen die Erzeugerpreise für B-Weizen im Schnitt bei rund 22 Euro/dt. Das sind rund 25 Prozent weniger als im Vorjahr. Futterweizen wird derzeit zu Preisen von rund 18 Euro/dt gehandelt.
Wintergerste, welche im letzten Jahr ertragsmäßig den Winterweizen toppen konnte, wurde auf einer um fünf Prozent gesteigerten Fläche von 71.400 Hektar angebaut. Es wird ein Hektarertrag von knapp 81 dt/ha erwartet. Diese Ertragsschätzung liegt um sechs Prozent unter dem langjährigen Durchschnittswert und um 13 Prozent unter dem des Vorjahresniveaus. Die Erntemenge von knapp 0,6 Millionen Tonnen fällt voraussichtlich um neun Prozent geringer aus als 2022. Aufgrund der gestiegenen Anbauflächen wären dies aber immer noch drei Prozent mehr als im sechsjährigen Durchschnitt.
Für Roggen (einschließlich Wintermengengetreide) wird eine Erntemenge von rund 0,2 Millionen Tonnen prognostiziert. Dies sind etwa 50.000 Tonnen (minus 19 Prozent) weniger als im letzten Jahr. Vor allem der Roggen wird in diesem Jahr vermehrt als Ganzpflanzensilage und nicht als Druschgetreide geerntet und senkt die berechnete Kornerntemenge.
Auch die prognostizierte Druscherntenmenge der Sommergetreide wieHafer und Sommergerste fällt in diesem Jahr mit knapp 140.000 Tonnen (minus 50 Prozent) deutlich geringer aus als im Vorjahr. Dies ist zum einen auf die reduzierte Anbaufläche (minus 27 Prozent) und zum anderen auf die niedrigeren Erträge von knapp 48 dt/ha (minus 31 Prozent) zurückzuführen.
Winterraps erreichte mit 39 dt/ha zwar gegenüber dem niedrigen sechsjährigen Mittel (37,5 dt/ha) ein überdurchschnittliches Ergebnis. An die 44 dt/ha vom letzten Jahr reichte es aber nicht heran (minus 11 Prozent). Die geschätzte Erntemenge liegt mit rund 0,3 Millionen Tonnen (minus 4.000 Tonnen) unter der Erntemenge von 2022. Die Erzeugerpreise liegen aktuell bei rund 43 Euro/dt (August 2022: 58 Euro/dt). Raps ist nach Winterweizen weiter die zweitwichtigste Marktfrucht im Ackerbau in Schleswig-Holstein.
1Ganzpflanzensilage geht als Nullertrag in die Statistik ein.
Verantwortlich für den Pressetext:
Jana Ohlhoff und Hanna Kühl, Ministerium für Landwirtschaft, Ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV),
Telefon: 0 431-988-71 58, E-Mail: jana.ohlhoff@mllev.landsh.de
Daniela Rixen, Pressesprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH),
Telefon: 0 43 31-94 53-110, E-Mail: drixen@lksh.de