Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer sagte: „In Schleswig-Holstein ist der Anbauumfang von Raps laut Statistikamt Nord das dritte Jahr in Folge auf ein extrem niedriges Niveau von 60.600 ha gesunken. 2014 hatte die Anbaufläche noch bei rund 100.000 ha gelegen. Damit belegt Raps wie schon 2020 nur noch Platz 3 der Marktfruchtkulturen hinter Winterweizen (156.600 ha) und Wintergerste (75.600 ha) in Schleswig-Holstein (Mais nicht mitgerechnet). Gegenüber dem Vorjahr haben Schleswig-Holsteins Bauern nochmals 10 % weniger Raps gesät als im Vorjahr. Grund dafür sind die Probleme, die die Kultur seit einigen Jahren im Anbau zeigt“, so die Präsidentin. Ute Volquardsen betonte die Bedeutung von Raps als wichtige Blattfrucht in der Fruchtfolge, als wichtige Einnahmequelle (die Preise sind gut) und nicht zuletzt auch als heimisches Futtermittel im Ersatz zu Soja aus dem Ausland. (Rapskuchen, der nach dem Auspressen des Öls entsteht, wird als Tierfutter eingesetzt).
Dietmar Brauer, stellvertretender Vorsitzender der Ufop (Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen), erklärte im Zuchtgarten den Medienvertretern ganz praxisnah, wie die Pflanzenzucht auf die Anbauprobleme, Pflanzenschutzmitteleinschränkungen und nicht zuletzt den Klimawandel reagiert. Er sagte: „Wir erhöhen den Züchtungsaufwand, um nicht noch mehr Rapsfläche und Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Kurzfristig selektieren wir robustere Genotypen, um die Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Trockenstress zu erhöhen. Mittelfristig greifen unsere Zuchtprogramme in Ungarn, um hitzeverträgliche Sorten zu züchten. Die Schädlingsresistenz ist komplizierter, aber auch hier haben wir erste Zuchtprogramme begonnen“.
Insbesondere betonte er, dass an neuen gesünderen und auch krankheitsresistenteren Sorten gearbeitet werde, einige davon stünden bereits bei der Landwirtschaftskammer im Versuch zur Prüfung. Dietmar Brauer sieht für den Raps klar eine Zukunft in Schleswig-Holstein, zumal die Wirtschaftlichkeit aktuell aufgrund der hohen Preise sehr gut sei. Kritisch sieht er die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens gegenüber dem Ausland, bezogen auf die Anwendung moderner Zuchtmethoden wie Crispar-Cas. Er wünscht sich eine Debatte der Technologieoffenheit. „Überall in der Wirtschaft werden neue Technologien als Zukunftslösung akzeptiert (Digitalisierung), nur der Fortschritt in der Züchtung wird emotionalisiert. Wenn es nicht gelingt, die Flächenproduktivität in Deutschland zu steigern, steigern wir den ‚importierten Flächenverbrauch‘.
Nachhaltigkeit bedeutet auch eigene Produktionsunabhängigkeit. Um es deutlich zusammenzufassen: Es fehlt der politische Masterplan für die Landwirtschaft und eben auch für die Ausgestaltung der Züchtung. Ein positives Beispiel ist die Düngeverordnung. Die Notwendigkeit der Reduktion der Stickstoffüberschüsse hat zu effizienten Sorten geführt und wird weiter verbessert. Der Wegfall der Neonic-Beizung hat zur Einführung virusresistenter Sorten durch die Züchter beigetragen. Wir als Züchter schaffen es – in gebotenem Zeitrahmen – den gesellschaftlichen und politischen Transformationsprozess umzusetzen. Aber es wird unterschätzt, dass dies manchmal nur nacheinander umgesetzt werden kann.“
Kammer prüft Raps-Sorten im Versuch
Die Landwirtschaftskammer prüft seit Jahren in ihren Versuchen jährlich an verschiedenen Standorten neue Rapssorten auf verschiedene Merkmale wie Ertrag, Ölgehalt, Krankheitsanfälligkeit, Standfestigkeit. Dabei handelt es sich um altbewährte und auch ganz neue. Neben dem Sortenmerkmal des Ertrags spielt die Pflanzengesundheit aufgrund der eingeschränkten Pflanzenschutzmittelpalette eine immer wichtigere Rolle. Auch das Kriterium „Nährstoffeffizienz“ – also wie verwertet die Pflanze die Nährstoffe – hat im Zuge der verschärften Düngeverordnung an Bedeutung gewonnen. Die Ergebnisse der Sortenprüfung fließen in die Anbauberatung der Kammerexperten ein und dienen Landwirten/innen als Entscheidungsgrundlage für die nächste Aussaat. Grundsätzlich gilt es, das Risiko im Anbau durch verschiedene Früchte und Sorten zu minimieren, also nicht alles auf eine Karte zu setzen.
Raps aus Schleswig-Holstein nicht wegzudenken
Die klassische schleswig-holsteinische Fruchtfolge: Raps, Weizen, Gerste werden zunehmen und durch andere Früchte wie Mais, Ackergras, Hafer und z. B. auch Ackerbohnen ergänzt. Dennoch könne man auf Raps aufgrund seiner guten Vorfruchtwirkung, beispielsweise vor Weizen, nicht verzichten, betonte die Präsidentin Ute Volquardsen.
Fünf schwierige Rapsjahre
Der Rapsanbau hat in Schleswig-Holstein fünf schwierige Jahre hinter sich (2016 bis 2019), wobei 2020 vielerorts mal wieder recht normal ausfiel. Es wurde bei den Durchschnittserträgen endlich mal wieder die 40 dt/ha-Marke geknackt. Abzuwarten bleibt, was die diesjährige Ernte bringen wird.
Aus Erfahrungen gelernt
In der Praxis hat man aus den Erfahrungen des Rapsanbaus der vergangenen Jahre gelernt, dass weitere Fruchtfolgen von Nöten sind, um langfristig stabile Rapserträge sicherstellen zu können, vor allem auch wegen der eingeschränkteren Palette an Pflanzenschutzmitteln. Es war in den 5 Jahren aufgrund der Witterung, aber auch aufgrund von Schädlingen, zu erheblichen Ertragseinbußen gekommen. Spitzenerträge beim Raps von 50 dt/ha wie sie noch 2014/2015 möglich waren, waren zuletzt unerreichbar. Mittlerweile werden Alternativen gesucht wie Hafer, Sommergerste, Ackerbohnen und Silomais sowie Körnermais und Ackergras.
Wie steht der Raps?
Die Rapsblüte hat in diesem Jahr deutlich später begonnen. Aufgrund der vielfach immer noch einstelligen Temperaturen im April mit teils Bodenfrost, ist der Raps mit seiner Entwicklung gegenüber dem Vorjahr rund zwei Wochen später dran. Bis zur Vollblüte dauert es noch ein paar Tage bis hin zu zwei Wochen je nach Wetter und Standort. Der Regen hat dem Raps gutgetan, es fehlt noch die Wärme. Frostschäden sind bislang ausgeblieben, der Raps ist gut durch den Winter gekommen. Allerdings sind nach Schätzungen der Landwirtschaftskammer zwischen 5 und 10 % der Rapsflächen durch Fraß der Rapserdflohlarven geschädigt. Sie zeigen verkümmerte Triebspitzen und ein buschiges Aussehen.
Gute Preise für die Erzeuger
Im April erreichten die Rapskurse ein Preishoch. Grund dafür war die weltweit gestiegene Nachfrage nach Biodiesel und Pflanzenöl. Nicht nur in Deutschland, auch in der EU hat sich die Rapsanbaufläche in den vergangenen Jahren reduziert. Damit steigt der Importbedarf. Die Einfuhren aus der Ukraine, Australien und aus Kanada blieben hinter den Erwartungen zurück. Ende April erreichten die Preise für Restmengen der Ernte 2020 daher ein Rekordniveau von über 52 €/dt. Aus der Erwartung langfristiger Knappheit heraus werden bereits hohe Vorkontraktpreise von mehr als 49,40 €/dt für die in diesem Jahr anstehende Ernte geboten sowie 40,50 €/dt für die Ernte 2022.
Wertvolles Öl
Eine weltweite Bedeutung hat die heimische Ölfrucht als wertvolles Speiseöl im Bereich Biodiesel und in der Pflanzenölproduktion für technische Öle, Schmierstoffe und vor allem auch Margarine und Speiseöl. Mit rund 93 % einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, einem Anteil von Omega-3-Fettsäuren von gut 10 % ist Rapsöl ein hochwertiges Speiseöl. Der Rapskuchen, der nach dem Auspressen in der Ölmühle übrig bleibt, ist ein wichtiges Eiweißfuttermittel geworden, gentechnikfrei und als Ergänzung zu anderen heimischen Eiweißträgern wie Ackerbohnen, Erbsen. Dennoch kann damit allein Soja – aufgrund seiner günstigen Aminosäurezusammensetzung – in der Fütterung nicht vollständig substituiert werden. Aber die Nachfrage nach Substituten wie Ackerbohnen nimmt zu.
Insekten zieht er an
Raps ist wichtig für die Landwirtschaft, wenn er blüht, ist er aber auch eine wichtige Pflanze für die Honigbienen und andere Insekten. Raps ist eine ergiebige Trachtpflanze. Er ist besonders reichhaltig an Nektar und Pollen. Der Schutz der Bienen hat beim Pflanzenschutz im Rapsanbau daher oberste Priorität. Es dürfen nur bienenverträgliche Pflanzenschutzmittel angewendet werden. Die für die hiesige Landschaft so wichtige Kulturpflanze hat auch eine große Bedeutung innerhalb der Fruchtfolge. Durch ihre lange Pfahlwurzel lockert sie den Boden. Durch die positive Vorfruchtwirkung, die u. a. durch die gute Bodengare erreicht wird, bringt Weizen, der nach Raps angebaut wird, mehr Ertrag im Gegensatz zu Weizen, der nach Getreide folgt.
Raps ist ein Allroundtalent
Raps wird vielseitig genutzt, als Speiseöl, als Rohstoff für die Schmierstoff- und chemische Industrie. Vor allem ist Rapsöl jedoch der am häufigsten verwendete Rohstoff für die Herstellung von Biodiesel. Zum echten Allrounder wird Raps, weil neben dem Öl das beim Pressen der Rapssaat anfallende Restprodukt, der Rapskuchen, genutzt werden kann. Er ist ein hochwertiges Eiweißfuttermittel für das Milchvieh und macht die heimische Landwirtschaft ein Stück weit unabhängig von ausländischen Sojaimporten. Rapsöl ist gesund und nachhaltiger als Palmöl. Raps hat einen Ölgehalt von über 40 % je nach Sorte. Von 1 ha Raps können 1.800 l Öl erzeugt werden, allerdings ist es weniger bei geringeren Erträgen.
Verantwortlich für den Pressetext: Daniela Rixen, Pressesprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Telefon: 0 43 31-94 53-110, E-Mai