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Phosphaternährung von Pflanzen durch Symbiose mit Pilzen

Phosphor ist einer der Hauptnährstoffe für Pflanzen – er wird unter anderem für die Bildung von Pflanzenabwehrstoffen, für die gesunde Entwicklung von Samen oder für das Wurzelwachstum der Pflanze benötigt. Wie eine Symbiose mit Pilzen auf molekularer Ebene durch den Ernährungszustand mit Phosphat der Pflanze reguliert wird, hat ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter Federführung der Technischen Universität München (TUM) und der chinesischen Universität Hong Kong aufgeklärt.

Prof. Dr. Caroline Gutjahr, Technische Universität München

Landpflanzen können besser Phosphat aufnehmen, wenn sie mit speziellen Bodenpilzen zusammenarbeiten. Die arbuskuläre Mykorrhiza, eine Symbiose mit solchen Pilzen, wird von mehr als 80 Prozent der Pflanzen gebildet. Der Pilz dringt in die Wurzel-Rindenzellen ein und verzweigt sich im Boden. Das dadurch entstehende so genannte Hyphennetzwerk um die Wurzel herum nimmt Phosphat aus dem Boden auf und transportiert es direkt in die Wurzel. Dort wird das Phosphat an bäumchenförmigen Pilzstrukturen, die sich innerhalb von Wurzelzellen ausbilden, direkt in die Wurzelzellen entlassen.

Pflanzen regulieren die Symbiosebildung

„Interessanterweise kann die Pflanze die Ausbildung der Symbiose je nach ihrem physiologischen Zustand regulieren. Die Symbiose wird gefördert, wenn Pflanzen unter Phosphatmangel leiden und unterdrückt, wenn Pflanzen ausreichend mit Phosphat ernährt sind, zum Beispiel durch Düngen“, sagt Caroline Gutjahr, Professorin für Pflanzengenetik an der TUM. „Wahrscheinlich geschieht das, um organischen Kohlenstoff einzusparen, mit dem der Pilz durch die Pflanze versorgt wird.“ Diese Beobachtung wurde schon vor rund 50 Jahren gemacht, aber der molekulare Mechanismus, wie die arbuskuläre Mykorrhiza bei hohem Phosphat unterdrückt wird, war nicht bekannt.

Es gibt ein Protein namens PHR, das hierbei ein zentraler Transkriptionsfaktor ist. Transkriptionsfaktoren sind Proteine, welche die Umsetzung der DNA in mRNA steuern und so dafür sorgen, dass ein Protein in der jeweils benötigten Menge gebildet wird. PHR schaltet die Aktivität von Genen an, die der Pflanze erlauben, sich an einen Phosphatmangel anzupassen.

Experimente mit Reis - eine der wichtigsten Nutzpflanzen

„Wir wollten herausfinden, wie die Ausbildung der arbuskulären Mykorrhiza in Abhängigkeit von der Phosphatverfügbarkeit reguliert wird und stellten die Hypothese auf, dass PHR dafür verantwortlich sein könnte“, sagt Gutjahr. Zusätzlich zu den Laborbefunden mit Reis und der Modellpflanze Lotus japonicus, einem Hülsenfrüchtler, führten die Forschenden auch ein Experiment in Erde von Reisfeldern durch. Hier konnten sie zeigen, dass PHR notwendig ist, um bei niedrigen Phosphatgehalten im Boden die Mykorrhiza-Symbiose zu fördern und einen normalen Kornertrag zu gewährleisten.

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass PHR nicht nur klassische Phosphatmangel-Gene reguliert, sondern eine ganze Gruppe von Genen, die für die Ausbildung und das Funktionieren der arbuskulären Mykorrhiza notwendig sind. Hierzu gehören etwa Biosynthese-Gene für das Hormon Strigolakton. Dieses Hormon wird von der Pflanze produziert und in den Boden entlassen. Es aktiviert dort den Pilz und lockt ihn an.

Potenzial für nachhaltige Landwirtschaft

Die arbuskuläre Mykorrhiza Symbiose birgt hohes Potenzial für die Anwendung in nachhaltiger Landwirtschaft, denn sie kann dafür sorgen, dass weniger Kunstdünger benötigt wird. „Auf der Grundlage unseres neuen Wissens könnte durch Züchtung oder Genomeditierung die Phosphatempfindlichkeit von Pflanzen verändert werden“, sagt Prof. Gutjahr.

Die Symbiose hat neben der Verbesserung der Phosphataufnahme noch andere Vorteile. Sie fördert auch die Aufnahme von anderen Nährstoffen wie Stickstoff, Kalium und Sulphat und macht die Pflanze resistenter gegen verschiedene Stressoren, wie Trockenheit. „Durch ‚tuning‘ von PHR könnte man zum Beispiel die Phosphatempfindlichkeit der Pflanze herabsetzen und bei höheren Phosphatkonzentrationen im Boden die Ausbildung der Symbiose fördern und somit ihre anderen Vorteile für die landwirtschaftliche Produktion nutzen“, erklärt die Professorin für Pflanzengenetik.

Mehr Informationen:

Die Forschungsarbeit ist eine enge Kollaboration einem ehemaligen Postdoc von Prof. Gutjahr, Debatosh Das, im Labor von Jianhua Zhang an der Chinese University of Hong Kong (Institut in Shenzen, China). Außerdem waren an der Forschungsarbeit der Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik der TUM School of Life Sciences sowie die Guizhou University, Guiyang, China, beteiligt.


Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 600 Professorinnen und Professoren, 48.000 Studierenden sowie 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.